„Die Welle ist das Meer“ – in diesem Buch hat Willigis Jäger seinen Ansatz einer transkonfessionellen Spiritualität dargelegt. Die Erfahrungen, die er auf dem Zen-Weg gemacht hat, haben ihn inspiriert, die mystische Tradition der eigenen, christlichen Kultur neu zu entdecken und methodisch in eine zeitgemäße Form zu bringen. – Die Welle existiert nicht unabhängig vom Meer, das Meer zeigt sich als Welle. Willigis war eine kraftvolle Welle, die nun aufgehoben ist in der einen Wirklichkeit.
Ich betrachte einige Bilder von Willigis. Bei aller Nähe, die sich in den 39 Jahren, die mich Willigis begleitet hat, ergeben hat – er ist mir doch auch fremd geblieben, distanziert. Auf einer der Karten lese ich auf der Rückseite: Wer die Quelle kennt trinkt nicht aus dem Krug! – Willigis hat mir diese Worte bei einem Kaffee aufgeschrieben. Zuvor hatte ich in der Bücherstube die neue „Autogrammkarte“ entdeckt. – Nun, Krüge sind für Willigis im Laufe seines Lebens einige in Brüche gegangen oder wurden ihm aus der Hand geschlagen. Die Quelle ist aber nie versiegt.
Willigis Jäger begegnete ich erstmals 1981 auf dem Georgenberg. Damals hatte ich bereits die Zen-Meditation durch Niklaus Brantschen kennengelernt, im Alltag hatte ich aber Schwierigkeiten, diesen Weg zu gehen. Willigis eröffnete mir in der „Kontemplation“ wie er sie verstand und in Kursen weiterzugeben bemüht war, einen Weg, der für mich passte.
Ich erinnere mich sehr gerne an den Weg durch die romantische Wolfsklamm mit den tosenden Wasserfällen von Stans hinauf zur Benediktinerabtei, die überaus malerisch auf einem mächtigen Felsen errichtet worden war. In dieser Bergwelt fühlte ich mich sehr wohl, allein vom Ort her schon den Alltagsfragen enthoben. Willigis hat am Georgenberg immer wieder auch zu Ostern Kurse abgehalten, wodurch für mich die Liturgie der Karwoche und speziell die Feier der Auferstehung eine tiefe Bedeutung erhielten. Willigis konnte sich schon damals meisterhaft von starren Formen lösen und seine persönliche Erfahrung anderen spürbar machen. – Leider war das nicht für alle in gleicher Weise nachvollziehbar, weshalb wenige Jahre später durch Bischof Stecher für Willigis ein Verbot ausgesprochen wurde, weiterhin in Tirol Kurse abzuhalten.
Auch für mich gingen im Laufe meines Lebens Krüge zu Bruch. 1986 trat ich aus dem Orden der Jesuiten aus. Für Willigis machte es keinen großen Unterschied, ob ich Jesuit war oder sogenannter „Laie“. Er begleitete mich weiterhin. 1991 kam er eigens nach Wien, um die Trauzeremonie zwischen meiner Frau und mir abzuhalten. Das war für mich ein weiterer Beweis für Willigis‘ mitfühlender Weitsicht, war doch meine Frau zu diesem Zeitpunkt bereits einmal verheiratet gewesen.
2001/ 2002 erlebte ich, wie Willigis vor einem Scherbenhaufen stand. Das Haus St. Benedikt, das er in jahrelanger Arbeit ab 1982 zu einem stark frequentierten Seminarzentrum aufgebaut hatte, durfte er nicht mehr betreten. Seine Schüler waren damals alle sehr betroffen und auch Willigis selbst war gefordert, eine Entscheidung zu treffen: Beibehaltung des Priesteramtes und Verzicht auf alle öffentlichen Auftritte oder Weiterführung seiner Kurstätigkeit und Begleitung der Menschen, die sich unter seine Führung gestellt hatten. Nun, mit der Exklaustration fand Willigis einen Weg, der zwar schmerzte, aber all seine Schüler mit Dankbarkeit erfüllte. In der Zeitschrift „Spirituelle Wege“ (Ausgabe 02/ 2002) begründete Willigis seine Motivation für einen Neuanfang als 78-Jähriger so: „Jeden Tag kommen verzweifelte Menschen zu mir, jeden Tag erhalte ich erschütternde Briefe von suchenden Menschen …. Ich versuche Antwort zu geben, Zuversicht und Sicherheit zu schenken. Ich finde diese Antworten in der christlichen Religion …. Es geht mir also um die Menschen.“
Nach einer Zeit der „Wanderschaft“ begann Willigis mit dem Aufbau des Benediktushofs in Holzkirchen bei Würzburg. Auch wenn Willigis damals mitunter physisch an seine Grenzen stieß so bin ich voller Respekt, welchen Mut und Elan er als 80-Jähriger hatte. Das Haus entwickelte sich zu einem der größten Zentren für Kontemplation, Achtsamkeit und Zen innerhalb Europas, nicht zuletzt durch die Erweiterung und spätere Übergabe der Leitung an Doris Zölls und Alexander Poraj.
Im hohen Alter brach für Willigis nochmals ein Krug. Er wurde gebrechlich, allzu Menschliches kam zum Vorschein und die Demenz machte auch vor Willigis nicht Halt. – Wir haben alle unsere Vorstellungen und Konzepte. So tragen wir in uns wahrscheinlich auch ein Bild, wie ein großer Zen-Meister sterben sollte. Es ist zunächst schwer zu ertragen, wenn dieses Bild zerstört wird und so dürfte auch bei mir ein weiterer Krug in Brüche gegangen sein.Wenn wir an das Zerbrechen denken, dann verbinden wir damit oft, dass etwas kaputt, unbrauchbar, vielleicht in gewisser Weise auch wertlos geworden ist. Aber das sind alles Urteile, die es loszulassen gilt. Im Grunde hat sich nur die Form verändert. Alles, und wirklich ALLES ist Ausdruck des EINEN!
Nach einer Zeit der „Wanderschaft“ begann Willigis mit dem Aufbau des Benediktushofs in Holzkirchen bei Würzburg. Auch wenn Willigis damals mitunter physisch an seine Grenzen stieß so bin ich voller Respekt, welchen Mut und Elan er als 80-Jähriger hatte. Das Haus entwickelte sich zu einem der größten Zentren für Kontemplation, Achtsamkeit und Zen innerhalb Europas, nicht zuletzt durch die Erweiterung und spätere Übergabe der Leitung an Doris Zölls und Alexander Poraj.
https://west-oestliche-weisheit.de/ueber-uns/willigis-jaeger/